freehaini hat geschrieben:
Man kann Zentralen sicherlich "kostenschonender" führen, wenn du weißt wie, umso besser. Ich bewzeifle auch nicht, dass es da revolutionäre Ideen gibt. Aber offensichtlich sieht da momentan keiner einen wirtschaftlichen Vorteil, um das zu probieren. Könnte aber auch daran liegen, dass die Kurierbranche einigermaßen betriebsblind ist.
Ich denke, dass es selbst in Zentralen mit ernsthafter Fahrermitbestimmung eher daran liegt, dass zumindest die in Berlin gängigen Modelle motorisierte Kuriere bevorzugen, und diese gleichzeitig in der Stimm-Mehrheit sind.
Ein motorisierter Kurier hat zwar pro gefahrenem Kilometer höhere Betriebskosten, so dass er auf den Kilometer gerechnet erstmal weniger verdient als ein Radkurier. Aber er hat meist die längeren Touren, der Durchschnitts-Scheck ist teurer.
Gleichzeitig sind aber bei den Fixpauschalen-Zentralen die monatlichen Pauschalen für motorisierte Fahrer nur unwesentlich höher als die der Radfahrer. D. h. das Risiko der Radfahrer bei starken Umsatzschwankungen ist erheblich höher als das der motorisierten Fahrer.
Weiterhin gibt es bei vielen Zentralen das Prinzip "Rabattumlage", wo (mittlerweile) auch nicht mehr nach Fahrzeugart ausdifferenziert wird. Rabatte fallen aber auf kilometerbasiert errechnete Preise an. Da die Autofahrer mehr Kilometer machen als die Radfahrer ergibt sich damit die Situation, dass die Radfahrer die Rabatte der Autotouren quersubventionieren.
Diese ganzen Tarifkonstrukte sind in Zeiten entstanden, wo noch Touren ohne Ende da waren und sich niemand groß drum scheren mußte. Mittlerweile bekommt man den Eindruck, dass sowohl durch Wirtschaftsentwicklung wie auch zunehmende Zersplitterung der Kurierlandschaft immer weniger Umsatz pro Kurier anfällt. Damit tun diese Kostensockel insbesondere den Radfahrern immer mehr weh.
Und nein, um jetzt keine Mißverständnisse hier reinzukriegen: das ist keine gezielte Kritik an Cosmo. Ich sehe da einen allgemeinen Systemfehler. Und dieser Fehler ist auch in fahrermitbestimmten Zentralen nicht heilbar, weil eben bei allen Zentralen, die nicht ausschließlich Radkurierdienst anbieten, mehr als 50 % der Fahrer keine Radfahrer sind. Die Radfahrer also selbst dann, wenn sie sich in dieser Sache einig wären, keine Mehrheit für eine Situationsänderung hätten. Dennoch tun dem Radfahrer 100 Euro Pauschale mehr oder weniger erheblich mehr weh als einem Transporterfahrer. Ein Transporterfahrer denkt nicht groß über die Pauschale nach. Der kann 3000-5000 Euro Monatsumsatz machen, d. h. die letzten paar Euro an der Pauschale gehen in seiner Gesamtkalkulation unter. Radfahrer fahren meist zwischen 1000 und 2000 Euro pro Monat ein. Da machen 100 Euro Pauschale mehr oder weniger plötzlich signifikante Verdienstanteile aus.
Dass Dir diese Subtilitäten der Tarifgestaltung aus Zentralenperspektive nicht auffallen wundert mich überhaupt nicht. Du siehst vermutlich bei der Durchsicht der Fahrerakten ein paar Radfahrer, die gute Umsätze machen. Und eben viele, die weniger gute Umsätze machen. Du kannst vom Schreibtisch aus nicht unmittelbar unterscheiden, warum die Schlechtverdiener schlecht verdienen. Da denkst Du Dir angesichts der Tatsache, dass es ein paar wenige Gutverdiener gibt, dass es deren eigene Sache ist und sie eben nicht mehr wollen. Möglicherweise verdienen sie aber nicht mehr, weil eben nicht mehr drin ist. Eben aufgrund eines Kombinationseffektes aus Tarif-/Anschlußpolitik, Tourenvergabeverhalten usw.
Und nochmal: das ist nicht Cosmo-spezifisch. Andere Zentralen haben diese Probleme genauso.