*seufz* ... eigentlich wollte ich hier nicht mehr schreiben, aber es wird ja geradezu herausgefordert.
bastard hat geschrieben:
Ich muss ja nochmal in die Runde fragen: Warum fühlen sich die "Nicht-Träger" denn eigentlich so angemacht?
Kann man denn nicht einfach jeden so machen lassen, wie er meint? Ich glaube, das eigentlich jeder weiß, das man nen Helm tragen sollte!
Weil solche Nachsätze wie der letzte in obigem Zitat nicht unwidersprochen stehen bleiben dürfen.
Dann noch zu kiwi:
Du fragtest nach dem Risiko, in einem Auto eine schwere Kopfverletzung bei einem Unfall zu erleiden, und suggerierst dabei dass diese niedriger sei als auf dem Rad. Das ist aber falsch. Tatsächlich ist nach Expositionszeit gerechnet das Risiko, im Auto ein schweres SHT zu bekommen, etwas mehr als doppelt so hoch ggü. Fahrrad. Da staunste, was? (Die Zahlen dazu gibt's bei destatis und bei der Hannelore-Kohl-Stiftung.)
Dann zum Thema Argumentation am Einzelfall hier mal ein Beispiel eines Unfalles, den ich vor ungefähr 10 Jahren ohne Helm hatte und wo ich froh sein kann, dass ich keinen getragen habe:
Situation: Unbekannte Strecke, Linkskurve im Gefälle, anschließend 180-Grad-Serpentine nach rechts. Letzter Tachostand 48 km/h. Es reichte nicht für die Serpentine. Ja, kardinaler Fahrfehler, weiß ich. Jedenfalls konnte ich wählen zwischen Landung auf Grobschotter, Crash in/über Leitplanke Richtung Steilhang oder Unterholz. Ich habe mich für Unterholz entschieden und bin da mehr als 30 Meter reingerodelt, rechter Arm als "Schlitten". Dabei schleifte der Kopf zentimeternah über Boden, Wurzelwerk, kleine Baumstümpfe usw. Eine Helmkrempe hätte da nicht mehr zwischengepaßt, ein Helm hätte mir im Extremfall den Kopf dabei abgerissen oder mich stranguliert. So bin ich zwar mit derben Blessuren gelandet, konnte die 40 km aber noch dank der Kraft des freigesetzten Adrenalins nach Hause fahren. (Und danach erstmal eine dreiwöchige Fahrradpause einlegen weil einfach nichts mehr ging.)
Es ist nicht der einzige Fall, wo ich bei Stürzen haarscharf mit dem Kopf an irgendwas vorbeigeschrammt bin.
So wie Du, kiwi, Einzelfälle konstruierst, bei denen der Helm geschützt haben mag, gibt es genauso welche, bei denen es gut ist den natürlichen Kopfumfang zu haben und keinen künstlich vergrößerten.
Bei der Beurteilung "nützt oder schadet ein Helm" schaue ich daher absichtlich nicht auf diese Einzelfälle, weil es eben Beispiele in beide Richtungen gibt. Interessanter ist das, was statistisch bei der Betrachtung eines Kollektivs von Helmträgern oder Nichthelmträgern herauskommt. Also die Frage, wie es bei Betrachtung vieler Unfälle unterm Strich aussieht. Und dazu hatte ich weiter oben in dieser Diskussion schon Zahlen geliefert, welche eben nicht für die Nutzung von Radhelmen sprechen.
Dann noch zu Deinem Vergleich eines Sturzes eines Fußgängers ggü. einem Sturz vom Rad: Wenn man sich mit dem Rad auf die Nase legt fällt man genauso schnell oder langsam wie ein Fußgänger. Die vertikale Fallbewegung ist exakt gleich schnell oder langsam, denn man kippt aus sehr vergleichbarer Höhe zu Boden. Anders sieht es aus, wenn man ungebremst in ein Hindernis einschlägt. D. h. bei einem drohenen Crash ist "ausweichen und frei stürzen" fast immer besser als "nicht ausweichen und einschlagen". Sollte man im Hinterkopf behalten.